utzverlag

Leonie Meltzer: „Wir wollten den Wahnsinn ausstellen!“

Leonie Meltzer

„Wir wollten den Wahnsinn ausstellen!“

Ethnographisch-satirische Einblicke in den Habitus der Stadt München am Beispiel des „Spezialitätenladens“ Etcetera

Was soll das denn? Eine Uhr, die rückwärts läuft, „ein Qu adratmeter Freistaat Bayern“ als Handtuch, eine bayerische Ehrenweißwurst als Auszeichnung, T-Shirts mit Bekenntnissen, wie „Ich bin gegen alles“ oder „Ich ertrage nur das Glück“ oder ein Globus, der allein Bayern zeigt. Dazu die berühmtesten KarikaturistInnen und Satire-KünstlerInnen der Epoche wie Loriot, Janosch, Ungerer, Sempé oder Flora vereint in einer Wunderkammer. Im Jahr der Studentenbewegung, 1968, hatten Helmut und Meisi Grill die Idee „den Wahnsinn“ auszustellen. Sie gründeten den Souvenir- und Kuriositätenladen namens „Etcetera“, der auch „Spezialitätenladen“ oder „Anti-Supermarkt“ genannt wurde. Während der Bestehenszeit dieses Geschäft s von 1968 bis 2004 ist München geprägt von den Schwabinger Krawallen und Studentenrevolten, von sexueller Befreiung, dann Modernisierung und Technisierung. Die Nackerten tummeln sich im Englischen Garten und die Spider Murphy Gang besingt den „Sommer in der Stadt“. Helmut Dietl prägt die städtische Filmgeschichte, genau wie Rainer Werner Fassbinder. Auch Loriot, einer der größten deutschen Humoristen, und viele andere gehen in das kollektive Gedächtnis der Stadt ein. Diese kulturelle Codierung, die städtischen Eigenheiten und Artikulationen, die eingeschriebene Identität, verankern sich im Habitus der Stadt. Ausgehend von einer städtischen Spezifik behandelt die vorliegende Arbeit folgende Fragen: Inwiefern findet sich diese Spezifik Münchens im Souvenir- und Kuriositätenladen Etcetera wieder? Kann man, nach Rolf Lindner, gar einen Habitus der Stadt dort exemplarisch erkennen? Und mehr noch: Inwieweit sind die Verkaufsgegenstände während des Bestehens des Ladens Ausdruck eines stadttypischen „Zeitgeistes“? Inwieweit können Orte, wie ein derartiger Spezialitätenladen, mit seinen Gegenständen und Verkaufsobjekten kulturelles Wissen transportieren?

  • broschiert: 98 Seiten
    Format: 20,5 x 14,5
    ISBN 978-3-8316-4881-8
    Erschienen: 28.01.2021

    34,00 €

    In den Warenkorb
  • Ebook (PDF): 102 Seiten
    Format: 20,5 x 14,5
    ISBN 978-3-8316-7636-1
    Erschienen: 26.02.2021

    23,99 €

    Bei Ciando kaufen

Ähnliche Bücher

  • Elena Zendler: Vergessen und wiederentdeckt?

    Elena Zendler

    Vergessen und wiederentdeckt?

    Während zahlreiche männliche Künstler des frühen 20. Jahrhunderts noch heute als prägend für die Kunststadt München angesehen werden, sind die allermeisten Künstlerinnen der Schwabinger Bohème fast vollkommen in Vergessenheit geraten. In diesem Buch leistet Elena Zendler im Sinne einer engagierten Forschung einen Beitrag gegen dieses...

  • Tabea Stirenberg: Scham, Schmerz, Hysterisierung

    Tabea Stirenberg

    Scham, Schmerz, Hysterisierung

    „Das ist halt da. Das gehört dazu, das gehört zu mir, das gehört in dem Moment zum Tagesablauf“ (Zoe: 119). Menstruieren ist Alltagspraxis und wird zugleich oft unsichtbar gemacht. Auch kultur- und sozialwissenschaftliche Auseinandersetzungen zum Thema fehlen weitgehend.

  • Felix Gaillinger: Um den Unterhalt kämpfen!

    Felix Gaillinger

    Um den Unterhalt kämpfen!

    „Für mich ist das heute noch eine Geschäftsbeziehung mit gewissen Vorzügen“ (Dorian), „Eigentlich habe ich mich mit ihm immer ganz gut verstanden. Aber bei solchen Belangen kannst du es vergessen“ (Chiara).

  • Dominik Speidel: Imaginierte (Vor-)Sorge

    Dominik Speidel

    Imaginierte (Vor-)Sorge

    Die Versicherungsbranche verdient ihr Geld mit der Zukunft. Ohne das Kommende, das immer kontingent ist und sich durch Ungewissheit auszeichnet, wäre ihr Nutzen obsolet. Es ist deshalb gerade die Unsicherheit der individuellen Lebensverläufe, auf dem das Geschäftsmodell der Versicherungswirtschaft basiert.