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Quellen der Landshuter Hochzeit

Die Quellen der Landshuter Fürstenhochzeit von 1475

Bücher zur Landshuter Hochzeit mag es viele geben, doch mit dem Band: »Feiern unter den Augen der Chronisten · Die Quellentexte zur Landshuter Fürstenhochzeit von 1475« hat der Münchner Germanist Thomas Alexander Bauer einen wichtigen Beitrag zu den näheren Hintergründen dieses legendären Festes verfasst.

Landshuter hochzeit 2Anlässlich der außerordentlich gut besuchten Veranstaltung, die von Mitgliedern der Landshuter Hofkapelle musikalisch umrahmt wurde, führte der Autor in einem Vortrag in sein Buch ein: »Die Quellen über die Landshuter Fürstenhochzeit von 1475 […] sind im Wesentlichen folgende: der sehr ausführliche Bericht von Hans Seybolt, in den auch die so genannte große Rechnung integriert ist. Diese Kostenaufstellung über die Ausgaben im Zusammenhang mit der Hochzeit ist jedoch auch separat überliefert. Beide Handschriften liegen in der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Die ›große Rechnung‹ war bisher nicht ediert, weshalb eine Abschrift davon in den Anhang des Bandes aufgenommen wurde. Somit steht sie nun erstmals in leicht erreichbarer Form zur Verfügung. Des Weiteren berichtet Hans Oringen von der Hochzeit 1475 in Landshut. Er tut dies wohl für den Kurfürsten Herzog Ernst von Sachsen, der zwar geladen war, aber am Fest nicht teilnahm. Diese Quelle liegt heute im Thüringischen Hauptstaatsarchiv in Weimar, auch sie war bisher nicht veröffentlicht. […]

PrinzenzugWir müssen uns vor Augen halten, dass sich unsere Sprache stets wandelt und daher ein Schriftstück, das über 500 Jahre alt ist, nicht ohne weiteres verständlich ist. Bestimmte Begriffe sind uns verloren gegangen, wurden ersetzt oder haben ihre Bedeutung verändert. […] Ein Gericht in der Menüfolge war das ›manndel gemües‹. Hierbei scheint es sich um ein sehr populäres Gericht zu handeln, da etwa das Mondseer Kochbuch – wie viele weitere Rezeptbücher aus dieser Zeit – eine Anleitung zur Herstellung dieser Speise anführt:

castle 668543 1920Ain mandelmuos guot ze machen: Nim mandelmilch und semlein brot und sneid das würfflecht und tuo das in die mandelmilch und erwell das. Und nim ain oppfel und sneid den würfflacht und röst in in aim smaltz und tuo das auf die mandelmilch und gib es hin.‹

Der Begriff ›gemües‹ ist dabei besonders beachtenswert. Hierfür wird oft die Bedeutung ›Mus, Brei‹ angeführt . In früheren Zeiten – bis die moderne Ernährungswissenschaft den Vitaminverlust feststellte – wurde Gemüse oft bis zur Unkenntlichkeit verkocht, bis schließlich nur eine breiartige Masse übrig war. Deshalb ist anzunehmen, dass das ›gemües‹ im 15. Jahrhundert als Grundzutat meist ein Gemüse hatte, das extrem weich gekocht wurde. In diesem Fall hat man das Verfahren eben auf Mandeln angewendet.«

landshut 1212936 1920Die vielschichtigen Aspekte der Verpflegung von tausenden Menschen und Pferden stellen die Chronisten weiterhin dar. Thomas Alexander Bauer: »Man konnte dem Ansturm der hungrigen Pferde also nur noch durch ein ausgeklügeltes System und Löchern in den Mauern des noch heute bestehenden Herzogkastens am Dreifaltigkeitsplatz beikommen. Danach führt Hans Seybolt in zweispaltigen Listen, die jeweils mit einem hochrangigen Fürsten überschrieben sind, auf, welche Adlige in deren Gefolge wie viele Pferde mit sich führten. Es handelt sich hierbei um eine riesige Fundgrube über die Zusammensetzung der Gästeschar der Landshuter Fürstenhochzeit. Später führt Hans Seybolt noch auf, wie viel Hafer insgesamt in den Tagen der Feierlichkeiten an die Pferde der Gäste ausgegeben wurde. Es ist die unglaubliche Menge von 700 Tonnen.«

Landshuter hochzeit 1Doch Bauers Werk ist mehr als eine Beschreibung der historischen Zustände und Bewandtnisse. Einen deutlichen Schwerpunkt legt der Band auf die Interpretation und Konturierung sprachlicher Besonderheiten und deren Wirkungen auf den zeitgenössischen Leser: »Die Diskrepanz in der Darstellungsweise finden wir auch in den beiden Chronikeinträgen von Ulrich Füetrer und von Veit Arnpeck. Ulrich Füetrer erwähnt die Landshuter Fürstenhochzeit von 1475 nur, um einen Hintergrund für einen ritterlichen Zweikampf des Herzogs Christoph von Bayern-München zu haben. Das ist zunächst verwunderlich, denn sein Kollege Veit Arnpeck äußert sich für einen Chronikeintrag sehr ausführlich über besagtes Fest. Weiß man jedoch, dass Ulrich Füetrer seine Chronik Bayerns einem Herzog von Bayern-München gewidmet hat, wird klar, dass er den rivalisierenden Landshuter Vettern seines Herren keine Prestigevergrößerung durch die Schilderung ihres rauschenden Festes zugestehen wollte, zumal die Münchner zu dieser Zeit nicht mit einer so prunkvollen Hofhaltung und schon gar nicht mit einem solch fulminanten Fest aufwarten konnten. Genau an dieser Stelle wird deutlich, wie wichtig solche Festbeschreibungen schon im späten 15. Jahrhundert zur Selbstdarstellung der Fürsten gewesen sind.«

Die Ausführungen des Autors über die Einzel- und Besonderheiten der Chronistenberichte bestehen den Spagat zwischen wissenschaftlich exakter, nachvollziehbarer Argumentation und spanndender Illustration literaturwissenschaftlicher Forschung für den interessierten Laien. Insbesondere den Mitwirkenden und Zuschauern der Aufführung der Landshuter Fürstenhochzeit von 1475 empfahl der Autor seinen Band, nach dem bereits unmittelbar im Anschluss an die Präsentation hohe Nachfrage herrschte