Orte des Erinnerns im KZ-Dachau
Gerade im Hinblick auf die Tatsache, dass rechtsradikales Gedankengut in Deutschland immer wieder Nährboden findet, erscheint es besonders wichtig, die Gräuel der NS-Zeit in der Erinnerung der Bevölkerung präsent zu halten. Eine lebendige Erinnerungskultur ist Basis für eine Prävention weiterer Verbrechen. Die KZ-Gedenkstätte Dachau hat es sich zum Ziel gemacht, diese Erinnerung im Gedächtnis der Menschen lebendig zu halten.
In der Reihe Dachauer Diskurse werden Forschungen, Auseinandersetzungen und Überlegungen präsentiert, die sich mit Dachau in seiner historischen Bedeutung sowie mit dem Anliegen beschäftigen, historisch-politisches Lernen zu fördern. Kerstin Schwenke gelingt es in ihrer jüngst in der Reihe Dachauer Diskurse erschienenen Studie »Dachauer Gedenkorte zwischen Vergessen und Erinnern. Die Massengräber am Leitenberg und der ehemalige SS-Schießplatz bei Hebertshausen nach 1945« zwei weniger bekannte Denkstätten in Dachau darzustellen und anhand dieser die Erinnerungskultur und den Umgang mit Gedenkstätten zu untersuchen.
Dabei zeigt sich, dass die Massengräber auf dem Leitenberg in den ersten Jahren nach Kriegsende zunehmend in Vergessenheit gerieten, was durchaus dem Freistaat Bayern und der Stadt Dachau anzurechnen ist, die, wie viele staatliche Institutionen, eine »negative Erinnerungspolitik« betrieben. Das bedeutet, dass nicht explizit an die Konzentrationslager und ihre Opfer erinnert wurde. Die Erinnerung sollte vielmehr aus den Köpfen der Menschen verschwinden. Ab 1949 kam es zunehmend zur internationalen Beachtung des Ortes, wie amerikanische Zeitungsartikel, französische Exhumierungsarbeiten und italienische Bemühungen um eine Gedenkkapelle zeigen. Der Leitenberg wurde für die Überlebenden zu einer der bedeutendsten Gedenkstätten, jährlich fanden dort mehrere Gedenkfeiern statt. Mit der Errichtung der KZ-Gedenkstätte ging die Bedeutung des Leitenbergs jedoch zurück, obwohl er immer noch einer der wenigen Orte ist, an dem tatsächlich Tote des Konzentrationslagers Dachau bestattet sind.
Kerstin Schwenke schließt mit ihrer Studie eine Lücke, indem sie gerade zwei Gedenkstätten behandelt, die in der öffentlichen Erinnerungskultur zunehmend in Vergessenheit geraten, für die jedoch durchaus auch heute ein stärkeres Erinnern noch angemessen wäre. Am 1. Dezember 2011 wurde der Band in der Evangelischen Versöhnungskirche der KZ-Gedenkstätte Dachau vorgestellt.