
Elisabeth Kraus (Hrsg.)
Die Universität München im Dritten Reich
Aufsätze. Teil II
Wie bereits im ersten Aufsatzband werden auch hier Institutionen, Personen und Fächer sowie die in ihr betriebene Wissenschaft an der Universität München in der Zeit des Nationalsozialismus in den Blick genommen und all ihre Verhaltensweisen innerhalb des breiten Spektrums zwischen Anpassung und Widerstand beschrieben. Auch für die jetzt vorliegenden Beiträge stellten sich diese Fragen: Wie sah es bei dem einzelnen Institut oder Seminar, dem Hochschullehrer bzw. einer mit der LMU vernetzten Einrichtung konkret aus mit der Gleichschaltung oder gar Selbstgleichschaltung, mit Opportunismus und Karrierismus, mit Gleichgültigkeit und Resignation, mit Renitenz und Resistenz, mit Opposition und Aufbegehren? Wie stand es um das Verhältnis von völkisch-rassistisch kontaminierter und wertneutraler Wissenschaft? Wie gestaltete sich im Einzelfall die Auseinandersetzung zwischen dem Politischen und dem Fachlichen?Die Antworten darauf fallen differenziert aus; kein einheitliches, sondern ein facettenreiches Bild zeichnet sich ab: Die Extreme der Verhaltensweisen und Handlungsvarianten von Hochschullehrern, also klare und kämpferische NS-Parteigängerschaft zum einen und offener Widerstand mit massiver Gefährdung sowohl des Regimes wie der eigenen Person zum andern, sind denkbar selten an der LMU auszumachen. Dazwischen gab es eine Fülle von Aktionsweisen; hierbei trifft man am ehesten noch auf den Typ des fachlich sehr kompetenten, daher schwer angreifbaren und auch kaum zu ersetzenden Wissenschaftlers. Nur sehr vereinzelt aufzuspüren sind Hochschullehrer und Wissenschaftler, die aufgrund ihrer nationalen wie internationalen Reputation nicht nur relativ ungestört forschen und lehren konnten, sondern ihre Freiräume für nonkonforme Studenten und Mitarbeiter nutzten. Erstaunlich häufig findet sich dennoch die Wahrung des fachlich-wissenschaftlichen Primats vor dem politischen, wobei die Gründe dafür höchst unterschiedlich waren.
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broschiert: 624 Seiten Format: 20,5 x 14,5 ISBN 978-3-8316-0726-6 Erschienen: 19.09.2008 49,00 € (Preisbindung aufgehoben)
vergriffen – Neuauflage erhältlich: ISBN 978-3-8316-8689-6
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E-Book: 624 Seiten Format: 20,5 x 14,5 ISBN 978-3-8316-0726-6 Erschienen: 19.09.2008 Demnächst als E-Book erhältlich
Auszüge aus Rezensionen
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Mit dem zweiten Band der Münchner Universitätsgeschichte im »Dritten Reich« gelangt ein höchst ambitioniertes Unternehmen zu seinem Abschluss. ... Die wichtigste Aufgabe einer Sammlung von universitätsgeschichtlichen Beiträgen zum »Dritten Reich« besteht darin, nicht nur einer allgemeinen Wissensarchäologie zu dienen und quellengestützte Aussagen über einzelne Fächer und ihre Vertreter zu machen, sondern zu differenzieren und das Exemplarische und Typische herauszuarbeiten. Dies ist diesem Projekt gut gelungen, denn mit den Berufsantisemiten Wilhelm Grau, einem »Judenforscher«, und Hans Alfred Grunsky, einem Philosophen, treten zwei Konjunkturritter in den Blick, denen mit dem Theaterprofessor Artur Kutscher, dem Kunsthistoriker Wilhelm Pinder und dem Altphilologen Richard Harder drei ganz anders geartetet Gelehrte gegenübergestellt werden, die unbestrittene Fachleute ihrer Disziplinen waren.
Frank-Rutger Hausmann, Süddeutsche Zeitung (27. Januar 2009)
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Die wichtigste Aufgabe einer Sammlung von universitätsgeschichtlichen Beiträgen zum Dritten Reich besteht darin, nicht nur einer allgemeinen Wissensarchäologie
zu dienen und quellengestützte Aussagen über einzelne
Fächer und ihre Vertreter zu machen, sondern zu differenzieren und das
Exemplarische und Typische herauszuarbeiten. Dies ist im vorliegenden Fall gut gelungen […] Der Band ist, wie die anderen Bände dieser Reihe auch, sorgfältig lektoriert,
enthält ein Abkürzungsverzeichnis, ein Personenregister und ein Autorenverzeichnis
und ermöglicht dem Leser aufgrund eines detaillierten Quellenund
Literaturverzeichnisses am Ende eines jeden Einzelbeitrags eine weitere
Vertiefung.Frank-Rutger Hausmann,
Informationsmittel (IFB): Digitales Rezensionsorgan für Bibliothek und Wissenschaft (12.03.2010)